Setting wie bei “Bornholmer Strasse”
Mit der heutigen Nachricht, dass etliche Zulassungsbehörden die sofortige Stilllegung von nicht umgerüsteten Diesel-PKW ablehnen, kann ich gewisse Parallelen zum Mauerfall am 9. November 1989 erkennen. Denn gewissermaßen läuft das im Setting “Bornholmer Strasse” ab, dem erfolgreichen Fernsehfilm, der jedem ans Herz gelegt sei. Ich nenne daher das Problem in Anlehnung daran: Bornholmer Strasse 2.0!
Warum? Nun, wer den Film gesehen hat, kann sich sicherlich an das Problem mit der Befehlskette erinnern. Es ist “DAS” Kernproblem im Film und beschreibt den Umstand, dass die Offiziere, herrlich gespielt von Charly Hübner, am Abend des 09.11.1989 nicht wissen, wie sie mit der über den DDR-Staatsrundfunk verbreiteten Information umgehen sollen, dass “JEDER DDR-BÜRGER UMGEHEND” die Ausreise ohne Formerfordernisse beantragen kann. Nur mit seinem gültigen Reisepass ausgestattet! Kein Visum, kein Antrag, NIX!
Oberst Schäfer aber kann keinerlei Befehl von oben erhalten. Er bemüht sich redlich, diesen von seinen Vorgesetzten einzufordern, leider (ausschließlich für ihn und seine Kollegen), ohne Erfolg. Jeder schiebt die Verantwortung nach oben und wartet auf Order. Und hier sind wir im aktuellen Dieselskandal angekommen, so zumindest mein Verständnis.
Ich brauche einen Befehl!
Die armen Straßenzulassungsbehörden müssen den Umstand ausbaden, dass Verkehrsminister Dobrindt (CSU) keine verbindlichen Regelungen erlassen hat, wie bei nicht umgerüsteten Fahrzeugen verfahren werden soll. Oder was überhaupt zwingend zu erfolgen hat und vor allem, mit welchen Folgen. Sein Ministerium hat die Durchführung an das Kraftfahrtbundesamt (KBA) delegiert, welches wiederum den schwarzen Peter an die Landratsämter weitergereicht hat. Hier ist wiederum die Zulassungsbehörde eines jeden Landkreises zuständig.… und die will, wen wundert es, diese Entscheidung nicht so einfach treffen. Sie wartet, um im Bild zu bleiben, auf einen Befehl (ein Gesetz) von oben.
Interpretation öffnet Ungleichbehandlung Tür und Tor
Es erinnert sehr an das Problem von Oberst Schäfer, der keinen klaren Befehl bekommen hat und nun nicht weiß, ob er die tausenden Bürger notfalls mit Waffengewalt vom Grenzübetritt hindern soll. Oder ob er einfach die Grenzen aufmacht. In unserem Fall drücken sich die oberen Behörden um eine klare Verwaltungsanweisung – und delegieren die Verantwortung zur “Interpretation” der dobrindt’schen Allgemeinplätze stets dem Subsidiaritätsprinzip folgend an die nachfolgend tiefergelegene Verwaltungseinheit. Ganz unten angekommen – an der Front, also der Grenze – materialisieren sich die oben verursachten Ungenauigkeiten und Widersprüche in Form von Arbeitsverweigerung, kurz der Verweigerung der Durchführung einer Stilllegungsverordnung.
Man kann an dem Beispiel gut sehen, wie das Fehlen einer klaren und rechtsgültigen Vorschrift zu unkalkulierbarer und im Sinne einer funktionierenden Verwaltung nicht wünschenswerter Dysfunktion führt. Planbarkeit und Verlässlichkeit snd aber die Grundfeste staatlichen Handelns. Und so muss man feststellen, dass die Bornholmer Strasse ein wünschenswertes Ergebnis hatte, während der Dieselskandal vermutlich eher ein unerwünschtes Ergebnis zeigen wird.
Was hat das jetzt mit Blockchain zu tun?
Wäre die Zulassung der PKW über eine Blockchain-Technologie erfolgt, wäre im Zuge der Berichterstattung über die Abgasüberschreitungen eine Bedingung des Zulassungs-Smart-Contracts gerissen worden. Denn Zulassung gibt es ausschließlich gegen Einhaltung der Zulassungsbedingunen wie Umweltvorschriften, Sicherheit, .… Dadurch würde die Zulassung umgehend entzogen und das Auto würde morgens einfach nicht mehr starten! Hat was! Einen Dieselskandal hätte es zwar auch gegeben, er wäre aber umgehend beigelegt worden… zumindest aus Sicht der Kritiker!