Smart Contracts sind Verträge, welche auf Basis einer Blockchain umgesetzt werden. Dabei haben Smart Contracts die Eigenschaft, dass sie, einmal aktiviert, eine unbegrenzte Laufzeit haben und jede Person, egal wo auf der Welt und mit welchem Background auch immer, diesen Vertrag erfüllen kann und die ausgelobte Vergütung – gegenwärtig noch meist in Form von Kryptocurrencies wie Bitcoin – ausgezahlt bekommt. Einzige Bedingung ist die nachweisliche Erfüllung der Vertragsinhalte und -bedingungen. Die Ausgestaltung eben dieser erfolgt durch den Smart Contract Ersteller, es obliegt also ihm, den “Proof of Work” festzulegen.
Es ist also möglich, jede auch nur ansatzweise vertragsmäßig zu greifende Aktivität als unendlich lang laufende Aufgabe anzubieten. Ich will diesen Gedanken weiterführen und aufzeigen, wohin das führen könnte. Und ich bin mir sicher, es wird Realität. Für unsere Gesellschaft – für alle Gesellschaften – stellt sich daher die Frage nach der “Regulierung” oder Kontrolle. Wer soll das in einer DAO sein? Wer übernimmt Verantwortung für moralische und ethische Fragestellungen? ich will die hier mal in einem – sicherlich extremen – Beispiel streifen und zum Nachdenken anregen. Die Problemstellung lässt sich nämlich beliebig abändern.
Killer-Application wörtlich genommen!
Smart Contracts sind – wie oben ausgeführt – nichts anderes als eine Art binärer Vertrag. Oder besser eine “If-Then-Konstruktion”. Jeder kennt das vom Snackautomaten, der einem für 1 Euro einen Snack oder ein Getränk auswirft. Insofern sind Smart Contracts nichts wirklich Neues. Es gibt eine Bestimmung (Kohle) und dafür gibt es eine Belohnung (Cola). Jetzt stellen wir uns vor, jemand erstellt einen Smart Contract und aktiviert diesen im Netzwerk. Damit steht dieser Vertrag und seine Bedingungen für jedermann einsehbar online bereit. Ebenso steht fest, wie der Proof-of-Work erbracht werden muss/kann und im Gegenzug die Entlohnung stattfinden wird. Gehen wir weiter davon aus, dass der Auftrag darin besteht, eine bekannte Persönlichkeit, oder eine ganze Gruppe von eindeutig zu identifizierenden Personen, zu töten. Für jeden Toten gibt es 1.000 Bitcoin, mindestens jedoch 1 Mio. €, je nach Kurs. Es wird ein Contract ausgestellt, der auf das Leben eines Menschen abzielt. Wenn er stirbt, dann bekommen die festgelegten Hinterblieben eine bestimmte Summe. Das kennt man aus der Lebensversicherung!
Was aber, wenn jemand z.B. einen Preis ausschreibt, der das Töten eines beliebigen Politikers in Führungsfunktion (Präsident, Kanzler(in), Premier, …) aus einem beliebigen Land zum Inhalt hat und jedem Vertragspartner bei Nachweis eine festgelegte Summe zuspricht. Ich gehe davon aus, dass sich vermutlich viele Auftragskiller weltweit dafür interessieren würden.
Für Wallet-Inhaber ist es nun möglich, den Smart Contract zu erfüllen, indem die genannte Person oder zumindest eine Person aus der Gruppe von ihm getötet wird. Der Proof of Work kann beispielsweise anhand eines öffentlichen Sterberegisters verifiziert werden. Sobald der Name dort auftaucht, könnte der Proof of Work erbracht sein. Es sind aber auch alle anderen Verifikationen denkbar. Hat der Täter den Smart Contract erfüllt, erhält er ohne weiteres Nachhaken die vereinbarte Bezahlung. Niemand weiß, wer an der Erfüllung des Smart Contracts beteiligt ist, kein Auftraggeber, kein Fullfiller, keine Bank, kein Name und für eine unbegrenzte Laufzeit. Unbegrenzt zumindest bis die bei Erstellung des Smart Contracts insgesamt eingezahlte Summe verbraucht wurde. Denn solange das “Konto” noch Deckung aufweist, kann mit garantierter Zahlung bei Erfüllung gerechnet werden. Da der Ersteller die Gesamtsumme mit Aktivierung des Vertrages eingezahlt haben muss, besteht keine Gefahr von Schlechtleistung.
Moralische Fragestellung nach Kontrolle und Regeln
Ich hoffe, die Tragweite wird jedem klar, wenn der Gedanke weitergeführt wird. Smart Contracts sind außer vom Ersteller nicht zu stoppen und können fragwürdige Inhalte und Vertragsbedingungen aufweisen, die jeglicher moralischen und ethischen Instanz widersprechen. Es könnte aber auch Schadsoftware angeboten werden, die sich nach dem Erwerb des Contracts automatisch entpackt und ihr Werk vollrichtet. Das kann man endlos weiterspinnen, am Ende muss die Frage beantwortet werden, wie im entstehenden Blockchain-Universum Regeln durchgesetzt und sanktioniert werden können. Und vor allem die wichtigste Frage: WER MACHT DAS?
Und hier noch ein Link zum zuletzt erschienenen JUVE Interview mit RA Florian Glatz.
Im Handelsblatt war am 04.05.2018 ein interessanter Artikel über slock.it und Christoph Jentzsch. Was mich erfreut hat: “Er hat auch keine Scheu, Horror-Szenarien zu benennen. So wäre es möglich, einen anonymen, automatisierten, im Nachhinein nicht mehr zu stoppenden Auftragsmord mit automatischer Belohnung auf der Blockhain zu installieren.” (http://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/devisen-rohstoffe/handelsblatt-wirtschaftsclub-wie-die-blockchain-die-welt-veraendern-wird-kuenftig-ist-der-programmierer-dein-anwalt/21243516.html)
» Genau das sehe ich auch so!