Moral, Ethik und Rechtssicherheit
Ich habe bereits in meinem Blogbeitrag “Killer Application Smart Contract” ausgeführt, das Smart Contracts ein recht ambivalentes Verhältnis zu Moral und Ethik haben können– oder besser ausgedrückt, gar keines besitzen! Abhängig ist das selbstverständlich vom Vertragersteller, wobei es offensichtlich ist, dass moralische und ethische Wertvorstellungen und/oder Maßgaben sicherlich nicht als Grundprinzip bei der Erstellung von Verträgen herangezogen werden. Wenn Betrüger die Möglichkeit sehen, mit Smart Contracts Geld zu verdienen, dann werden diese das auch versuchen umzusetzen. Und in einem solchen Fall sind wir eben weit weg von Moral und Ethik. Und noch weiter weg sind wir von Gerichtsbarkeit, Strafverfolgung und ggf. Regress.
Das von mir skizzierte Szenario bezieht sich zunächst mal darauf, dass die Ersteller um die Verwerflichkeit ihres Contracts wissen und diesen gezielt für kriminelle Machenschaften nutzen wollen. Dass dies so kommen wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche und ich verweise in dem Zusammenhang gerne auf meinen Beitrag zum Betrüger-Wallet ppc-wallet.com. Das ist jetzt die einfache und leicht verständliche Variante kriminellen Handelns. Was passiert aber, wenn zwei Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen miteinander handeln wollen (einen Vertrag schließen wollen) und hier Missverständnisse hinsichtlich der Auslegung von Vertragsinhalten aufgrund kultureller Unterschiede auftauchen? Nehmen wir also weiter an, deren Vorstellungen von Ethik und Moral sind nicht identisch mit den unsrigen Vorstellungen – beispielhaft möchte ich die Bedeutung von Kopien in China dem in Europa gegenüberstellen. In China bedeutet es in gewisser Weise eine Ehre, wenn man kopiert (plagiiert) wird. Die Kopie beweist, dass das originale Produkt hervorragend ist. In Europa haben wir diesbzgl. ein vollkommen anderes Verständnis dazu. Was also im Vertrag steht, mag für den einen so und für den anderen so zu verstehen sein. Jetzt kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass die Vertragspartner ja frei sind, miteinander zu handeln. Das ist an sich richtig, wird der Sache aber nicht wirklich gerecht. Denn wie eingangs angesprochen, könnte der eine Vertragspartner ja Böses im Schilde führen wollen. Und da geht es dann erst in zweiter Linie um Ethik und Moral, in erster geht um Jurisprudenz.
Wer ist verantwortlich für Datenintegrität?
Was passiert also, wenn Verträge angeboten werden – in der Folge auch abgeschlossen – die z.B. Schadsoftware unterschieben und die an der Transaktion beteiligten Wallets ungewollt auf die Caymans verschieben? Wer oder was ist da verantwortlich? Wer oder was kontrolliert, dass in den angebotenen Verträgen keine Malware enthalten ist? Wer oder was sorgt für die Reliabilität und Validität der Daten? Wer oder was ist im Falle von Streitigkeiten zuständig? Nach welcher Rechtslage, also nach welcher Jurisprudenz? Europäisch? US-amerikanisch? Wie soll die Selbstregulierung aussehen? Werden wir ein Scoring-Modell sehen, in welchem Vertragsanbieter gerated werden? Was ist mit Privatpersonen? Werden die geratet, wenn sie ein mal einen Vertrag einstellen wollen? Und wenn genau der eine Vertrag Schadsoftware enthält?
Ist Selbstregulierung in DAOs möglich?
Mit Bitcoin war dieses Problem aufgrund des fehlenden Speichers bisher weniger virulent. Ethereum und weitere Blockchains oder Tangles wie IOTA wollen aber gerade diese Geburtsschwäche der Digitalwährung Bitcoin beheben. In diesen neuen Chains ist es also später möglich, große Datenpakete in den Verträgen mit aufzunehmen. Das könnten beispielsweise Musikdateien sein, die Künstler künftig ganz in Eigenregie als Download anbieten. Als Gegenleistung erhalten sie vom Käufer (Vertragspartner) eine wie auch immer geartete Vergütung z.B. in Form von Bitcoins oder anderen Digitalwährungen. Es könnte auch sein, dass der Künstler seine eigene Währung, seinen eigenen Token herausbringt, und diese als Transaktionseinheit zwingend vorschreibt. Der Künstler würde damit unabhängig vom Plattenlabel (wieder ein Middleman weniger) und könnte höhere Vergütungen für seine Leistung direkt einstreichen.
Die Daten (Musikstücke oder Filme, Bilder, …) hierfür liegen aber physikalisch nicht in der Chain oder dem Tangle, sondern auf weiteren dezentralen Servern. Also noch mal die Frage: Wer garantiert in einer vollkommen dezentral organisierten Tangle die Datensicherheit, die Datenzuverlässigkeit, kurz die Integrität? Wer oder wie reguliert sich diese Technologie, wenn es keine zentralen Steuereinheiten mehr gibt? Was passiert, wenn die Musikstücke neben dem Sound weitere unerwünschte Dateien enthalten? Soll das auch “autonomous” erfolgen in Form einer Selbstregulierung durch den Swarm?
Unwahrscheinliches Szenario? Mitnichten!
Wer das für ein unwahrscheinliches Szenario hält, dem muss ein wenig Realitätsferne attestiert werden. Oder unerschütterlicher Glaube an das Gute im Menschen. Für mich stellt sich also noch einmal die eminent wichtige Frage, wer in der schönen neuen Welt der Decentraliced Autonomous Organizations (DAOs) für allgemeinverbindliche Regeln sorgt? Denn dass es Regeln benötigt, steht vollkommen außer Frage. Das Darknet zeigt uns ja eindringlich, wie neue Technologien (Tor-Browser) adaptiert werden und ggf. zu unerwünschten Ergebnissen führen können. Und die neuen Blockchain-/DAO-/Tangle-Technologien reichen weit über das hinaus, was wir bisher gesehen haben.
Zum Themas “Straffreiheit bei Kursmanipulation” empfehle ich auch den Artikel von BTC-Echo, der im Zusammenhang mit Jamie Dimons Äußerungen über Bitcoin-Betrug besondere Bedeutung erhält. Dimon hat m.E. erhebliche Kursmanipulation betrieben, um am Tag nach seiner Äußerung eines der größten jemals gehandelten BTC-Pakete zu kaufen!