Ich habe in meiner Kurzvorstellung “about me” bereits darauf hingewiesen, dass Finanzkommunikation immer nur so gut ist wie der Anwalt, der gegengelesen hat! In die gleiche Kerbe schlägt Tilman Welther vom fondstelegram mit seinem aktuellen Editorial. Grund ist der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf des „Gesetzes zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen“ und insbesondere die möglichen Ausnahmen von der Prospektpflicht (Bundestagsdrucksache 19/8005).
Dabei stellt Welther richtigerweise fest, dass “möglicherweise […] bei jeder Prospektverordnung jedoch ein Gedanke Pate [steht], der generell in die Irre führt. Er basiert auf der Illusion, dass Prospekte gelesen und verstanden würden und dass die Beschreibung von Risiken eine Versicherung gegen sie sei. Dass Prospekte in der Regel unverständlich sind, liegt daran, dass sie Haftungsgrundlage für den Streitfall sind. Sie werden von den Juristen der Anbieter geschrieben und erfordern per se eine Art der Lektüre, die nicht voraussetzungsfrei betrieben werden kann. Die Frage, ab welchem Emissionsvolumen ein Prospekt erforderlich ist, geht daher am eigentlichen Problem vorbei. Ein Beispiel aus der jüngeren Prospektierungspraxis: Exporo erstellt derzeit für einige Anleihen WpHG-konforme Wertpapierprospekte im Umfang von 60 bis 70 Seiten, obwohl das emittierte Volumen zum Teil weit unter der 8-Millionen-Euro-Schwelle liegt, die erst eine Prospektpflicht auslöst. Warum? Weil die derzeitige Abstimmung mit der Bafin über die gestattungsfähige Form eines Wertpapier-Informationsblatts länger dauert als deren Freigabe eines 20 mal so umfangreichen Prospekts. Salopp gesprochen: Auch bei muskulös daherkommenden WpHG-Prospekten handelt es sich um textbausteinbasierte, mengenskalierbare und über weite Strecken redundante Erzeugnisse. Best digital practice.”
Und auch im digitalen Umfeld der Blockchaintechnologien hat sich in dieser Sache einiges getan. So hat die SEC erst vor einigen Wochen festgestellt, dass die meisten ICOs entsprechende Wertpapier-/Emissionsprospekte hätten vorlegen müssen und die aufgelegten “White Paper” weit davon entfernt sind, diesen Anforderungen Rechnung zu tragen. Auch in Deutschland ist diese Stoßrichtung bei der BaFin eingeschlagen worden und man darf gespannt sein, wie sich die Prospektverordnung auf neue Produkte/Anbieter aus diesem Bereich auswirken wird.