Zweitrangige TLDs als Heilsbringer?
Seit Ende August 2021 ist es möglich, Second-Level-Domains mit den TLD-Endungen .com, .net, .org, … in den Ethereum-Name-Service (ENS) zu importieren – genauer gesagt als NFT im Format ERC-721 zu minten. 3rd-Level-Domains wie z.B. example.co.uk, en.example.se oder www.example.com – also Domains mit 2 Punkten – sind noch nicht registrierbar oder besser importierbar. Diese werden vermutlich im neuen ENS-Wrapper im Zusammenhang mit den Subdomains in Q4/21 — Q1/22 verfügbar.
Möglich wird die Verknüpfung von DNS und ENS unter der Voraussetzung, dass z.B. die ENS-Domain „andreashofmann.eth“ und die DNS-Domain „andreashofmann.com“ a.) die identische Schreibweise aufweisen und b.) der User Zugriff auf die DNSSEC der Providerdaten der Internetdomain als auch der Metadaten der ENS hat – sprich er ist c.) Eigentümer beider Domains (BTW: bin ich leider nicht, die .com fehlt mir).
Hat man diese Eigentums- und Eingriffsmöglichkeiten, steht der Nutzung einer .com-Adresse als Ethereum-Wallet-Adresse nichts mehr im Wege. Alle 2nd-Level-Adressen erfahren dadurch eine Art Blockchain-Upgrade und erhalten somit einen Mehrwert, der bisher nicht nutzbar und schon gar nicht absehbar war. Denn ursprünglich war der ENS vollkommen losgelöst vom DNS konzipiert worden. Er sollte sich eben gerade nicht in die bestehende – weitestgehend zentralisierte – Domain-Infrastruktur einklinken und als eine weitere x-beliebige TLD verstanden werden.
Domaineigentümer sind im Vorteil
Glücklich dürfen sich also all jene schätzen, die bereits ein solches Domain-Paar besitzen – sowohl die ENS als auch die DNS in identischer Schreibweise. Denn nur dann ist es möglich, einen TXT-Record beim DNS-Provider wie z.B. Space.Net, GoDaddy, GoogleDomains, …. im DNSSEC-Bereich der Domain einzutragen.
Folgendes gilt es mit einem neuen TXT-Eintrag zu ergänzen:
Host Name: _ens (Ergebnis: _ens.andreashofmann.com)
Type: TXT
TTL (Time to Live): 3600 (Dauer in Sec.)
Data: “a= 0x866F……………………….52fdf” (» ENS-Adresse eintragen; „An- /Schlussführungszeichen“ wichtig)
Natürlich geht das auch, wenn man nicht direkt Eigentümer der .com -Domain ist – was zählt, ist der Schreibzugriff auf die Domain. Wem diese am Ende „juristisch“ gehört, ist in diesem Zusammenhang unbedeutend. Besitzt man sie nicht (die .com-Domain) und hat keinen Zugriff auf TXT-Records oder verliert diese, läuft man Gefahr, dass z.B. die Ethereum-Verknüpfung vom tatsächlichen Eigentümer geändert/aufgehoben wird und Zahlungen in ein anderes Wallet laufen. Im Umfeld von Blockchain-Anwendungen wird die ENS-Domain zukünftig verstärkt als “source of truth for Data Feed addresses” verstanden – wird in gewisser Weise der Quell aller Wahrheit werden – da beispielsweise Datenlieferanten (Stichwort Oracles) wie Chainlink die ENS-Domain in ihrem Cross-Chain-Ansatz im Rahmen der Integritätsprüfung verwenden.
Unbekannte TLDs als Heilsbringer?
Schwieriger wird es – wie oben beschrieben – für all jene, die bisher kein passendes Domainpärchen vorweisen können. Gerade generische Begriffe und Firmennamen wurden bei der Erstregistrierung von >6-stelligen ENS-Domains in 2017/18 und der in 2020 folgenden Shortname-Domain-Registrierung (3 – 6 Zeichen) stark gesquattet. Für viele Markeninhaber wird es daher eine Herausforderung werden, die für das Pairing notwendigen identischen ENS-Domains zu erhalten.
Ob dabei Markenrechte on-chain durchgesetzt werden können, wird sich noch erweisen. Oftmals besitzen vollkommen anonyme Wallets Markennamen auf der Ethereum-Chain und es ist nicht (ohne weiteres) möglich, diese gerichtlich oder sonst in einer anderen Form in Eigentum und Besitz zu bekommen. So gehört die ENS-Domain apple.eth neben gucci.eth, prada.eth, ischgl.eth, boerse.eth, musik.eth und vielen anderen dem Ethereum-Wallet 0xb9434dba7cC66Aaa76a202d097Fd5f7f12F71171 und der Autor bezweifelt stark, dass diese ENS-Domains kostenfrei und ohne Widerstand vom aktuellen Eigentümer herausgegeben werden. Auch wenn ein Bezug zu Österreich nahezuliegen scheint ist nicht einmal bekannt, welche Nationalität und somit welcher Jurisdiktion der aktuelle Halter unterliegen könnte. Aber auch andersherum wird es herausfordernd, wenn die ENS-Domain registriert werden konnte, die passende TLD ins Portfolio zu bekommen aber unmöglich ist – apple.com ist und bleibt belegt!
All das wird m.E. dazu führen, dass vergebene oder besetzte Begriffe und Markennamen nun verstärkt auf eher zweitrangigen TLD-Adressen registriert werden, um eine mit der Dot.eth-Adresse „identische“ TLD-Domain zu besitzen. Wie oben beschrieben ist dies zwingende Voraussetzung, um eine TLD im ENS zu registrieren. Und in diesem Fall ist es eindeutig besser, eine unbekannte Dot.site-Adresse in identischer Schreibweise zu besitzen als gar keine!
Und was bringt das jetzt alles?
Sicherheit! Der Vorteil dieser im DNSSEC-Bereich der Internetadresse vorzunehmenden Aktion ist die Erhöhung der Sicherheit bei der Nutzung der Dot.com-Adresse als Wallet auf der Ethereum-Chain. Die Verwendung von ENS-Wallet-Namen mit .com anstelle von kryptografischen Adressen mit 25 Zeichen und mehr eliminiert ganz augenscheinlich das potenzielle Risiko, Verschlüsselung und Geld an eine falsche Adresse zu senden.
Dot.com-Adressen erfahren somit eine Aufwertung oder Erweiterung ihrer Nutzungsmöglichkeiten. Bisher waren sie ausschließlich für Webseiten und eMails nutzbar, durch die ENS-Einbindung werden in gewisser Weise öffentliche und private Schließfächer daraus, in welchen verschiedene Assets liegen können. In dem öffentlichen Fach liegt z.B. die Website und der eMail-Account, welche via html oder imap erreicht werden. Im privaten Fach werden wiederum digitale assets wie Token, NFTs, oder auch eigene Smart Contracts zur Interaktion gespeichert, welche ausschließlich via Chaincode, Terminal oder dApps erreichbar sind.
Die ENS-Domain wird dabei IMHO zur wichtigeren – somit auch wertvolleren – Domain werden, da diese tatsächlich nur einmal vorhanden ist. Es wird keine weiteren 2nd-Level-ENS-Domains geben. Vielmehr ist vom ENS Team – wie oben dargestellt – angestrebt, ENS-Domains gemeinsam mit Partnern wie Chainlink zu DER chain-übergreifenden und “selbstverwalteten Identität” im neu entstehenden dezentralen Bereich des Web3 zu machen. Das wäre dann auch das Ende der heutigen Zugangskontrolle via Passwort und eMail oder Username. Das einzige was notwenig ist: Wallet, MetaMask, fertig! Die Themen Subdomains, Plattformökonomie, IoT oder Pay-per-Use werde ich in Kürze in einem weiteren Artikel separat beleuchten.
Du willst praktische Erfahrungen sammeln und Einblicke gewinnen?
» Hier kann eine Dot.eth-Adresse gesichert werden: https://app.ens.domains
(konnektiertes Ethereum-Wallet mit ca. 0,1 ETH Deckung ist Voraussetzung)
» Hier kann eine TLD-Adresse gesichert werden: https://strato.de
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